Es war eine sehr gute Entscheidung, mit auf die Grenzgänger-Tour zu gehen. Ein Auto, ein paar Leute und eine Fahrt entlang der innerdeutschen Grenze. Ich bin zwei Tage (insgesamt 5) mitgefahren (die ersten beiden Etappen) und es war sehr beeindruckend.
Es war eine Zeit der Gemeinschaft, des Gebets und der Geschichte. Entlang der Grenze zu fahren ist ein sehr besonderes Gefühl. Geografisch an einem spezifischen Ort und indem Teil etwas viel größerem. (Wahrscheinlich fühlt es sich ähnlich an, wenn man auf der chinesischen Mauer steht!) Nicht nur auf der Autobahn von A nach B, sondern immer in Grenznähe. Immer im Bewusstsein, dass jeder Meter Teil des Ganzen ist.
Sehr eindrücklich waren für mich die Momente des „Nachempfindens“:
– Leipzig: Wie muss es gewesen sein plötzlich aus der Nikolaikirche in Leipzig, faszinierend entspannte Stadt, zu kommen und gemeinsam mit Menschenmassen auf den Straßen zu stehen?
– Wie fühlt es sich an, wenn dein Dorf geteilt wird. Eine Grenze durch dein Dorf immer weiterentwickelt wird und man einander nicht mehr grüßen darf?
– Wie sieht das Dorfleben knapp 40 Jahre danach aus?
– Wie muss es sein, wenn dein Heimatdorf (Billmutshausen) einfach abgetragen wird und vom Erdboden verschwindet? Im jahr 2009 nicht mal mehr im Navi ist.
– Wie fühlt es sich an Grenzer zu sein und Menschen im K6 verrecken zu sehen? Nicht einzugreifen, da man Angst vor den eigenen Mienen haben muss?
– Wie fühlt es sich an, deine eigenen Leute zu „beschützen“ jedoch alle Abwehranlagen „freundwärts“ gerichtet zu haben?
– Wie muss es als Grenzer sein dem „Feind“ ins Auge zu blicken? (Point Alpha)
– Wie muss es sich anfühlen an einem Ort zu leben, der nur mit Schein passiert werden darf?
– Wie muss es sich anfühlen nach 40 Jahren Trennung endlich rüber zu dürfen? Einander zu Begegnen und wie sieht diese Begegnung aus?
Ja, es war eine Zeit des Nachempfindens. Des Spürens, des Horchens, des Betens und des Staunens. Die Kombination aus Informationen (zu und über die Orte), das hautnahe wahrnehmen (natürlich) und das fragen/beten/suchen nach Gott (übernatürlich) in all dem, ist sehr bewegend gewesen. Es faszinierte mich mitten in der „Geschichte“ zu stehen. Indem Gott zu fragen was sein Herzschlag sagt und sein Lebensfluss an diesem Ort/Region/Land tun möchte. Menschen/Orte/Regionen und unser Land zu segnen.
Es war bewegend zu realisieren, wie schrecklich und unmenschlich diese Teilung für unser Land, ja unser Land, nicht nur eine Region oder einen Teil der Bevölkerung, gewesen ist. Wie tief diese Spaltung sitzt? Wir tragen als Volk eine Narbe, eine Narbe die uns daran erinnert, dass wir über viele Menschen schreckliches Leid gebracht haben.
1400 km: Sie stehen für Schmerz, Leid und Tod. Indem aber auch für Hoffnung. Hoffnung auf Heilung und Vergebung. Hoffnung auf —– Leben. Und das ist das geniale bei Gott, die Geschichte hört nicht mit dem Tod von Jesus Christus auf. Er hat diesen überwunden und steht für ewiges Leben. Ich glaube wir können Anteil an diesem Leben haben. Sein Geist ist unter uns und wir können in diesen „Great Dance“ eintauchen.
Diese Narbe kann in Zukunft auch dafür stehen, dass wir als Volk eine Wende geschafft haben. Ein Teil der Wende hat die Bevölkerung bereits geschafft, sie hat die Trennung/Mauer friedlich eingerissen. Ich wünsche mir, dass die nächste Wende eine weitere Wende der Hoffnung und Perspektive ist. Das wir als Land gemeinsam neue Wege gehen. Das wir uns gegenseitig anschauen, wertschätzen und an einem Strang zu ziehen. Indem wünsche ich mir, dass es nicht nur um unserer selbst willen passiert, sondern Gutes von uns, Deutschland, ausgeht. In diesem Sinne …